Konzeptbeschreibung Industriemuseum Schloß Holte-Stukenbrock e. V.

Luftaufnahme aus dem Jahre 1965
Luftaufnahme aus dem Jahre 1965

In den Jahren 1839-1842 gründete der Kaufmann  Friedrich Ludwig Tenge auf dem Gelände des Holter Jagdschlosses eine Eisenhütte. Ausgerüstet mit einem Hochofen, drei Kupolöfen, einer Maschinenfabrik,  Emaillierwerk und Schleiferei nahm die Hütte 1842  die Produktion auf. Voraussetzung für den Betrieb der  Eisenhütte waren die Raseneisenerzvorkommen in der Umgebung. Der Holter Forst lieferte die notwendige Holzkohle, der am Schloss vorbeifließende Ölbach die Energie für zwei oberschlächtige Wasserräder, die die Gebläse der Öfen und die Werkzeugmaschinen antrieben. Später umfasste der weitläufige Komplex der Hüttenanlage 22 ineinander verschachtelte Gebäude. Dazu gehörten auch Wohnungen für Angestellte und Arbeiter. 1966 stellte die Hütte den Betrieb ein. Die Produktpalette der Holter Eisenhütte war ausgesprochen vielseitig: Sägegatter und landwirtschaftliche Geräte wie Göpel und Häcksler gehörten ebenso dazu wie Teigknetmaschinen für Bäckereien, Mühlenanlagen, Gussteile für Glashütten und Maschinenteile für Papierfabriken. Eine Spezialität der Holter Eisenhütte waren die so genannten Sparherde, von denen allein
im Jahre 1908 ca. 10 000 Stück verkauft wurden. In zahlreichen Haushalten standen die seit 1891 produzierten ‚Reichskochöfen’.

Erinnerungsblatt an das 50jährige Jubiläum der Holter Eisenhütte
Erinnerungsblatt an das 50jährige Jubiläum der Holter Eisenhütte

Der Beginn der Industrialisierung und des wirtschaftlichen Aufschwungs

Die Bedeutung der Holter Eisenhütte für die industrielle Entwicklung der heutigen Stadt Schloß Holte-Stukenbrock und ihre kulturelle und wirtschaftliche Infrastruktur kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das Werk war damals die einzige Eisenhütte zwischen Hamm und Hannover. Auf dem Gebiet des heutigen Kreises Gütersloh ist die Holter Hütte der älteste Gewerbebetrieb.
Die gewerblichen Aktivitäten der Tenges haben entscheidend dazu beigetragen, dass sich bitterarme Sennedörfer zu einer der wohlhabendsten Kommunen im Kreis Gütersloh entwickeln konnten. Grund genug, diese einzigartige Entwicklung museal zu präsentieren, zumal eine Eisenhütte im Vorfeld zu einem Schloss ein gewisses Alleinstellungsmerkmal darstellt.

Wo soll das Museum errichtet und wie soll es erfolgreich betrieben werden

Während das Schloss ansprechend restauriert und bewohnt ist, ist von der weitläufigen Industrieanlage der Holter Eisenhütte in der direkten Nachbarschaft zum Schloss nur wenig Sehenswertes erhalten. Die noch vorhandenen ‚historischen’ Gebäude werden als Gewerbebetrieb oder als Lagerstätte genutzt. Im Rahmen des Stadtmarketings wird der Bereich
rund um das Schloss publikumswirksam beworben. Im Flächennutzungsplan ist das Gelände als Naherholungsgebiet ausgewiesen. Zielgruppen sind die Bürger/innen unserer Stadt und der näheren Region. Der R1 führt direkt am Schloss vorbei, so dass hier insbesondere Radtouristen angesprochen werden. Die gut gestalteten Informationsschautafeln zur Geschichte des Jagdschlosses und der Holter Eisenhütte finden reges Interesse. Für das Industriemuseum gibt es also einen idealen Standort: das historische Gelände der Holter Hütte vor dem Holter Schloss. Mit dem jetzt vom Eigentümer zur Verfügung gestellten Gebäude erhöhen sich die Chancen auf eine erfolgreiche Museumserrichtung und auf einen längerfristig abgesicherten Betrieb.

Das Konzept des in Planung befindlichen Industriemuseums sieht eine multifunktionale Nutzung vor. Als Kooperationspartner können angesprochen werden: die Stadtführer, der Kulturkreis, die VHS, Dokumentationsstätte
STALAG 326 – und nicht zuletzt die Stadt selber mit einigen ihrer kulturellen Angeboten und Aktivitäten. Für die Stadtführer/innen bietet es sich an, das Industriemuseum als Start und Zielpunkt zu nutzen. Der Kulturkreis kann für
seine Veranstaltungen / Ausstellungen die Räumlichkeiten nutzen, wodurch sich organisatorische und finanzielle Möglichkeiten der Kooperation ergeben.

Die entscheidende Frage für den erfolgreichen Betrieb des Museums wird sein, wie ein dauerhaftes Interesse erhalten werden kann. Dazu ist eine fortlaufende Öffentlichkeitsarbeit erforderlich, die in Kooperation mit dem Stadtmarketing erfolgen kann. Thematisch wechselnde Angebote und jahreszeitliche Aktionen können immer wieder zum Besuch des Museums anregen.
Unsere Exponate ermöglichen es den Besuchern, zu besonderen Anlässen/Events selber aktiv zu werden: So liegt es nahe, mit einem alten Ofen Brot oder Kuchen
zu backen, auf einem Herd mit alten Waffeleisen Waffeln zu backen oder eine Suppe auf dem offenen Feuer zu kochen. Das wiederum verlangt, zusätzlich
einen ‚Küchenraum‘ einzurichten mit entsprechend funktionstüchtigen Öfen und Herden, über die der Förderverein bereits verfügt.

Eine besondere Zielgruppe für das Industriemuseum sind unsere Schulen – hier vor Ort und auch die Schulen der näheren Umgebung. Das Industriemuseum müsste einen festen Platz in den Schulprogrammen finden, Stichwort:
„Außerschulische Lernorte / Geschichte hier vor Ort“. Mit diesem Anliegen sieht
sich das künftige Industriemuseum als Partner der Dokumentationsstätte STALAG 326.
Für den Erfolg dieser Zusammenarbeit ist es erforderlich, dass entsprechende
ausstellungsdidaktische Vorgaben erfüllt sein müssen, wie: interaktives Erleben einzelner Themenbereiche, mediale Ausstattung, seminarfähiges Arbeiten,
altersspezifische Anleitungen zur Erkundung bestimmter Themenbereiche. Das Industriemuseum fühlt sich dem Auftrag des Dt. Museumsbundes verpflichtet,
der da lautet: „Museen sammeln, bewahren, forschen, vermitteln“.
Industriegeschichte ist immer auch eingebettet in die soziale und kulturelle Entwicklung einer Region. Zur bereits gut erforschten Sozialgeschichte der Holter Eisenhütte und unserer Stadt gehören: der Firmengründer Friedrich Ludwig Tenge und die nachfolgenden Firmenleiter, Entwicklungszahlen der Belegschaft, berufliche Spezifizierungen, Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen, Löhne, Ansiedlung von Mitarbeitern in betriebseigenen Häusern, wirtschaftlicher Aufstieg der Firma, Rentabilität, Entwicklung des Transportwesens (hier besonders die Bahnstrecke Brackwede-Schloß Holte-
Paderborn), Neugründungen anderer Gießereien und Produktionsstätten im Ort, Krisenzeiten, Konkurs und Neuanfang, der Hüttenbetrieb in der NS-Zeit, Nachkriegsphase ab 1945 bis zum Ende der Holter Hütte in den 60er Jahren.

Finanzierung: Baukosten und Betriebskosten

Museen kosten Geld und sind in der Errichtungsphase wie auch beim laufenden Betrieb auf öffentliche Mittel und Förderprogramme angewiesen. Welche Fördermittel von welchen Stellen und Stiftungen möglicherweise in Anspruch
genommen werden können, soll in enger Abstimmung mit dem LWL-Museumsamt für Westfalen Münster erfolgen. Die Finanzierung des Projektes obliegt dem Förderverein und soll weitgehend mit öffentlichen Fördermitteln finanziert werden. Dazu sind bei folgenden Institutionen Förderanträge gestellt worden:

  • NRW-Stiftung
  • Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes
    NRW
  • LWL – Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Erste Gespräche mit den zuständigen Institutionen zeigen, dass das Konzept als
schlüssig eingestuft wird und ein positives Antragsverfahren zu erwarten ist.
An örtliche Sponsoren möchte der Förderverein erst herantreten, wenn die Gesamtfinanzierung des Projekts als gesichert gelten kann.

Kooperation von Eigentümer, Stadt und Förderverein Industriemuseum

Der Grundstücks- und Gebäudeigentümer und der Förderverein legen großen Wert darauf, dass die Stadt in das Konzept eingebunden ist. Wunsch des Grundstückseigentümers ist es, die langfristigen Pachtverträge für das Grundstück mit der Stadt abzuschließen.
Das Konzept sieht vor, dass die Stadt die moderaten Pachtkosten und Energie- Aufwendungen für das Gebäude übernimmt.

Blick in die Rathausausstellung
Blick in die Rathausausstellung

Die Stadt Schloß Holte-Stukenbrock hat Anfang des Jahres 2014 mit dem Förderverein ein Leihvertrag abgeschlossen, der die bereits vorhandenen Bestände an Exponaten dem künftigen Industriemuseum dauerhaft zur Verfügung stellt. Der eigentliche Museumsbetrieb und die Unterhaltung obliegen dem Förderverein. Der konkrete Baubeginn wird erst erfolgen, wenn die Finanzierung steht. Prognosen zu diesem Zeitpunkt wären zu früh, zumal der Förderverein keinen Einfluss auf die Bearbeitungszeiten der Mittel bewilligenden Stellen hat.

Literaturhinweise

  • Frank Konersmann: Die Tenges. 400 Jahre Unternehmer in Osnabrück und Ostwestfalen.
    Bielefeld 2004, Verlag für Regionalgeschichte
  • Frank Konersmann: Handwerkerarbeiter und Unternehmerpatriarchen. Zur Sozialgeschichte
    der Holter Eisenhütte in der Senne (1842 – 1966) In: Westfälische Forschungen
    53 (2003), Seite 321-344
  • Günter Potthoff: Aus der Geschichte der Domäne Holte. Paderborn 2009, Bonifatius
    GmbH Druck
  • Konzeptbeschreibung Industriemuseum Schloß Holte-Stukenbrock e.V. Seite 6
  • Günter Potthoff: Schloß Holte-Stukenbrock in Vergangenheit und Gegenwart. 100
    Jahre in Bildern. Paderborn 2002
  • Günter Potthoff: Deutsche Reichskochöfen. In: Heimat-Jahrbuch Kreis Gütersloh,
    1998
  • Günter Potthoff: Das Raseneisenerz der Senne liefert den Rohstoff für die Holter Eisenhütte. In: Heimat-Jahrbuch Kreis Gütersloh 1989
  • Günter Potthoff: Ein Blick zurück. Fotographische Erinnerungen. Schloß Holte-Stukenbrock 1988
  • Industriekultur in Stadt und Land. Stationen der Industrie- und Technikgeschichte in OstWestfalenLippe. c/o Lippisches Landesmuseum Detmold
  • Rolf Westheider: Das Industriemuseum. Erschienen in: faktor³, 04/2013